Allende, Isabel by Die Insel unter dem Meer

Allende, Isabel by Die Insel unter dem Meer

Autor:Die Insel unter dem Meer
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


DIE STRAFE

Valmorain ließ Teté wissen, sie würden in zwei Tagen auf einem amerikanischen Schoner abreisen, und gab ihr Geld, damit sie die Familie neu einkleidete.

»Ist etwas?« fragte er, als sie keine Anstalten machte, den Beutel mit Münzen zu nehmen.

»Verzeihen Sie, Monsieur, aber... ich möchte nicht dorthin«, brachte sie schließlich heraus.

»Was soll das heißen? Halt den Schnabel und tu, was ich sage!«

Sie sah zu Boden und sagte leise:

»Das Papier mit meiner Freilassung gilt dort auch?«

»Ach, darum geht es? Natürlich gilt es, genauso wie überall. Es trägt meine Unterschrift und mein Siegel, es wäre sogar in China gültig.«

»Louisiana ist sehr weit weg von SaintDomingue, nicht?«

»Wir werden nicht zurückgehen, wenn es das ist, was du denkst. Reicht es dir nicht, was wir durchgemacht haben? Du bist stumpfsinniger, als ich dachte!«

Teté ging mit hängendem Kopf an die Reisevorbereitungen. Die Holzpuppe, die Honoré einst für sie geschnitzt hatte, war auf SaintLazare geblieben, und jetzt hätte sie das Glück, das sie brachte, so bitter gebraucht. »Sehe ich Gambo je wieder, Erzuli? Wir gehen noch weiter fort, mehr Wasser zwischen uns.« Sie wartete, bis sich nach der Mittagsruhe vom Meer her ein kühlendes Lüftchen erhob, dann nahm sie die Kinder mit zum Einkaufen. Weil der Herr nicht sehen wollte, daß Maurice mit einem Mädchen in Lumpen spielte, kleidete sie beide in denselben Geschäften ein, und jedermann hätte sie für reiche Kinder mit ihrem Kindermädchen gehalten.

Nach Sanchos Vorstellungen würden sie in New Orleans wohnen, die neue Plantage lag nur eine Tagesreise von dort entfernt. Das heißt, das Land, sonst fehlte es noch an allem: Mühlen, Maschinen, Werkzeug, Sklaven, Schlafhütten und einem Herrenhaus. Die Felder mußten urbar gemacht und bepflanzt werden, in den ersten Jahren würden sie nicht ernten können, aber dank Valmorains Ersparnissen auch keine Not leiden. Genau wie Sancho sagte, konnte man mit Geld sein Glück nicht kaufen, aber sonst zum Glück fast alles. Es sollte bei ihrer Ankunft in New Orleans nicht aussehen, als seien sie von irgendwo vertrieben worden, sie waren Investoren, keine Flüchtlinge, hatte Valmorain Teté eingeschärft. Sie hatten Le Cap mit nichts als ihren Kleidern am Leib verlassen und in Kuba nur das Nötigste erworben, aber vor ihrer Reise nach New Orleans würden sie eine komplette Garderobe brauchen, dazu Truhen und Koffer. »Alles vom Feinsten, Teté. Auch zwei Kleider für dich, ich will nicht sehen, daß du wie eine Betderin herumläufst. Und zieh Schuhe an!« Aber sie besaß nur ein Paar Stiefeletten, die eine Marter für ihre Füße waren. In den großen Importgeschäften im Zentrum fand Teté alles, was sie suchte, und feilschte lange, wie sie es aus SaintDomingue kannte und es wohl auch auf Kuba üblich war. Auf der Straße hörte sie Spanisch, und sie erinnerte sich an einiges, was sie von Doña Eugenia gelernt hatte, verstand aber den vernuschelten Singsang der Kubaner kaum, der mit dem harten und dunklen Spanisch ihrer verstorbenen Herrin wenig Ähnlichkeit hatte. Auf einem Wochenmarkt hätte sie unmöglich verhandeln können, aber in den Geschäftshäusern wurde auch Französisch gesprochen.

Wie ihr Herr es ihr aufgetragen hatte, ließ sie alle Einkäufe ins Hotel schicken.



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